Untergang des römischen Welt
(Prof. Dr. Hans F. K. Günther)
Eine unbefangene Geschichtsbetrachtung, vor allem aber eine Betrachtung der Bevölke-
rungsgeschichte, wird an dem tatsächlichen Untergang der antiken Welt nicht zweifeln, wird sich aber sträuben, diesen Untergang erst mit der Absetzung des Kaisers Romulus Augustulus (476) abgeschlossen zu sehen. Der Untergang der ›Antike‹ war mit dem Austerben der ›letzten Römer‹, das heißt der Nachkommen von Italikern mitteleuropä-
ischer Herkunft, schon in der frühen Kaiserzeit besiegelt. Lucretius, Seneca, Juvenalis
und Tacitus hatten schon empfunden, Rom sei in sein
„Greisenalter“ eingetreten. „Echte Römer“ hatten zu Beginn des Kaiserreichs vielleicht noch in denjenigen Gebieten Italiens gelebt, in denen sich Reste eines freien Bauerntums erhalten hatten, dann noch in
wenigen Familien der oberen Schichten, kaum noch in den ausgelaugten mittleren und unteren Schichten, die schon zum größten Teil aus Nachkommen von Freigelassenen fremder Abstammung bestanden. „Echte Römer“ wie etwa der Kaiser Trajanus waren zur Zeit dieses Kaisers fast ausgestorben und im fünften Jahrhundert so gut wie verschwun-
den.
„Das Beste der antiken Kultur“, das heißt des Geisteserbes der nahezu ausgestor-
benen Römer italischer Abstammung, war
„in dem grauenhaften dritten Jahrhundert hinweggeschwemmt“ worden (Kornemann). In dieses Jahrhundert müßte man spätestens den Untergang der antiken Welt verlegen. M. Ch. Rochat hatte, damit übereinstimmend, ausgesprochen, um die Mitte und gegen Ende des dritten Jahrhunderts sei nach Aussage
der erhaltenen Bildwerke der Schlag des
„echten Römers“ fast verschwunden, der schon um die Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert selten geworden sei.
Eine unbefangene Geschichtsschreibung wird sich bei Erörterung der Ursachen dieses Unterganges immer wieder Theodor Mommsen anschließen: „Zu Grunde gegangen ist wie der Römerstaat des Prinzipats so auch der restaurierte Diocletians… nicht durch die Barbaren, sondern durch innere Fäulnis.“ Diese innere Fäulnis der Zustände ist aber im wesentlichen der Ausdruck einer ›Fäulnis‹ der Erbanlagen: Ausmerze der erbtüchtigen Familien, Mehrung minderwertiger Erbanlagen innerhalb der Bevölkerung durch Kinder-
armut der besser gearteten und Kinderreichtum der schlecht gearteten Familien. Am meisten hat die von Otto Seeck immer wieder hervorgehobene
„Ausrottung der Besten“
zum Zerfall beigetragen, wobei diese ‚Ausrottung‘ nicht nur als eine Austilgung von Einzelmenschen durch Krieg und Bürgerkrieg verstanden werden darf, sondern noch mehr als eine Ausmerze der ›besten‹ Erbstämme durch Kinderarmut, Kinderlosigkeit und Ehe-
losigkeit begriffen werden muß. Das Römische Reich war spätestens seit dem dritten Jahr-
hundert n.d.Z. ein Reich ohne Römer und das hellenisch-römische ›Altertum‹ spätestens seit diesem Jahrhundert eine staatlich-geistliche Welt ohne Hellenen und Römer. Die ‚Antike‘ war untergegangen vor der Ausbreitung und der Verstaatlichung des Christentums und vor der Eroberung und Plünderung Roms durch die Goten unter Alarich.
Zum Untergang des Römischen Reiches hat sicherlich die ungefüge Übergröße des
Staates beigetragen, der doch nach seiner Verfassung immer noch eine Erweiterung des latinischen Stadtstaates der frührepublikanischen Zeit war; zum Untergang hat die Zer-
setzung der überlieferten Frömmigkeit und Staatsgesinnung Roms durch das sich verbrei-
tende Christentum beigetragen wie auch die Einbrüche der Germanenstämme; der Zusammenbruch der Wirtschaft durch die drückenden Lasten für Herr, Verwaltung und Staatsfürsorge hat dazu beigetragen wie auch die hieraus folgende Münzverschlechterung, doch sind dies alles Nebenursachen oder gar nur Folgen der Hauptursache: der Aushöh-
lung des italischen Bauerntums, aus dem Rom seine tüchtigsten Familien gewonnen hatte, nur Nebenursachen oder gar Folgen der Hauptursache: der Entvölkerung Italiens bei ›Aus-
rottung der Besten‹ und bei Zuwanderung mindertüchtiger und rassenfremder Menschen
aus den Ostmittelmeerländern. So bleibt von allen Gründen zum Untergang der helle-
nisch-römischen Welt doch nach Otto Seeck bestehen: das Aussterben erst der Führungs-
begabten Familien italischer Herkunft, dann der erbtüchtigen Familien überhaupt, und
die Fortpflanzung der Bevölkerung allein durch die feigen und Begabungslosen, allein
durch die erbuntüchtigen Familien, besonders diejenigen aus den östlichen Provinzen des Reiches.
Bedingungen der landschaftlichen Umwelt, von außen drohende Gefahren, auch von außen eindringender Fremdgeist, Wirtschaft und alle übrigen Lebensumstände und deren Veränderungen gestalten niemals an sich die Geschichte der Völker; sie sind immer nur Fragen, auf welche die Völker je nach ihren Anlagen diejenigen Antworten geben, die wir Geschichte nennen. Eine tüchtige Bevölkerung von bestimmter Rassenzusammensetzung wird auf die ihr gestellten Fragen eine andere Antwort geben als eine untüchtige von anderer Rassenzusammensetzung. Geschichte bleibt immer Auseinandersetzung von Erb-
anlagen mit Umwelt. Auch die römische Geschichte ist ein Beispiel für den Verlauf der Geschichte aller Völker indogermanischer Sprache. Wenn ein Cola di Rienzi (1313–54) sich als
„römischer Tribun“ erschien und die alten Römertugenden wie die ganze Herrlichkeit des Römischen Reiches wiederherstellen wollte, so vergaß er gleich den meisten Men-
schen seiner und der späteren Zeit bis heute, daß Abstammung und Sprachüberlieferung zweierlei sind. Schon zur Zeit des hellhäutigen, blonden und blauäugigen Kaisers Augustus war eine Wiederbelebung des Römer- und Italikertums aus dessen rassischen Ursprüngen nicht mehr möglich gewesen.


(Aus: Hans F. K. Günther: Rassenkunde Europas. Mit besonderer Berücksichtigung der Hauptvölker indogermanischer Sprache, München 1930; Lebensgeschichte des Römischen Volkes, Pähl 1966, von uns zusammengestellt und -gefaßt)
RomainNord-1.tif
crane.tif
Ganz links: unbekannter Römer,
vorwiegend nordisch.
Daneben: Schädel eines Römers
aus einem Steinsarge, bezeichnet
mit Theodorianus aus der Zeit
zwischen 1. und 5. Jh. n.d.Z.
Mittelbr. Gesicht, mittellanger
Schädel, vorwiegend nordisch.
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